News: Stefan Thesing

Ein einfaches Schaubild

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Ein kurzes Schmankerl von einer Tagung zum Thema Teilhabeforschung, auf der ich im Oktober war:

Dies hier ist laut dem von mir sehr geschätzten Prof. Feuser ein "einfaches Schaubild":

Eine komplizierte Grafik

Interessanterweise ist es tatsächlich die überschaubarste Grafik seines Vortrages, der im Übrigen hervorragend war. Besonders begeistert war ich davon, wie er im Rahmen eines behindertenpädagogischen Vortrages mal kurz im Vorbeigehen die These "Universitäten sind Sonderschulen" in den Raum stellte und kurz und überzeugend begründete, ohne dass das Thema seines Vortrages aus der Sicht geriet.

Vorgetäuschte Partizipation

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Einen Auszug aus dem Eintrag "Partizipation" aus dem "Evangelischen Staatslexikon" (Hrsg.: Herzog, R. et.al.), Band 2, Stuttgart 1987 (3. erw. Auflage) möchte ich Euch nicht vorenthalten.

Wir befinden uns in der Abschnittshierarchie an folgender Stelle des Eintrags:

  • III. Gesellschaftliche Bedeutung
    • A. Integrationstheoretischer Ansatz (es geht hier um Systemintegration)
      • 1. Integrationstheoretische Vorzüge von Partizipation
        • b) Konsensbeschaffung

Und nun das Zitat:

"P. kann Widerstände der durch Akte der Herrschaftsausübung Betroffenen abbauen und damit die Durchsetzung des jeweiligen Herrschaftsaktes erleichtern. Das kann geschehen, indem aufgrund der P. der Herrschaftsakt den Interessen der Betroffenen jedenfalls in den Randbereichen angepaßt wird."

Soweit so eklig. Aber weiter:

"Es kann aber schon genügen, daß durch P. den Betroffenen nur das Gefühl vermittelt wird, an der Herrschaft beteiligt zu sein, wobei insbesondere ausgebildetere P.verfahren durch Isolierung des einzelnen und 'Zerkleinerung' seiner Interessen im Sinne LUHMANNS legitimitätsbildende Wirkung entfalten können."

Auf deutsch: Wichtig ist, dass die Leute das Gefühl haben, beteiligt zu sein. Je komplizierter das Beteiligungsverfahren, desto isolierter ist der einzelne Mensch und desto weniger ist er sich bewusst, dass er nicht der einzige ist, dessen Interessen unter die Räder kommen.

Ich fürchte, das haben viel zu viele Politiker gelesen und verstanden...

Arbeitsmarkt: Menschen mit Behinderung nicht mitgezählt

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Am 13.01.2011 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Sachstandsbericht zur Evaluation arbeitsmarktpolitischer Instrumente veröffentlicht. CDU, CSU und FDP hatten 2009 im Koalitionsvertrag (Link: PDF) vereinbart, dass alle arbeitsmarktpolitischen Instrumente (ABM, "Arbeitsgelegenheiten" und dergleichen) evaluiert werden, so das BMAS. Es bezieht sich dabei vermutlich auf folgenden Absatz des Koalitionsvertrages (S.22):

Aufgabenkritik der Bundesagentur für Arbeit [...] Die Aufgaben und Strukturen der BA sind einer Aufgabenkritik zu unterziehen, um eine möglichst effiziente Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger zu erzielen. Grundsätzlich gilt, dass finanzielle Mittel und das Personal der jeweiligen Aufgabe folgen.

Bei der Gestaltung dieser effizienten Dienstleistung hat die Regierung hier also die Absicht, das tun der Bundesagentur für Arbeit zu evaluieren, um finanzielle und personelle Ressourcen innerhalb der BA da hin zu verteilen, wo am meisten Wirkung erzielt wird. Mal davon abgesehen, dass man diesen Satz auch schlicht als "Wir geben kein zusätzliches Geld für Arbeitsmarktpolitik aus." interpretieren kann, interessiert mich natürlich, wie die Leistungen zur Eingliederung ins Arbeitsleben von Menschen mit Behinderung bei diesem Prozess abschneiden.

Kurz gesagt: Gar nicht. Sie tauchen nämlich in dem Sachstandbericht nicht wirklich auf. Nur an einer Stelle, nämlich da, wo uns mitgeteilt wird, dass man sie nicht mitgezählt hat (S. 17):

Nicht diskutiert werden etwa der Eingliederungszuschuss für besonders betroffene schwer behinderte Menschen, sowie Sonderregelungen für behinderte Personen.

Man kann nur spekulieren, was das bzgl. der Ressourcenverteilung für diese Maßnahmen bedeutet. Im besten Fall könnte man sagen: "Was nicht evaluiert wird, steht nicht auf dem Prüfstand. Hier wird also weder Geld hinzugefügt, noch weggenommen.", Im schlechtesten Fall: "Das wurde nicht evaluiert, weil es ohnehin in der Prioritätenliste ganz weit unten steht." Eine dritte, m.E. aber recht unwahrscheinliche Erklärung wäre noch, dass die Gelder, die im Bereich Eingliederung ins Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung fließen, im Vergleich zu anderen Bereichen so klein sind, dass sie nicht interessieren. Zwar bezahlt die BA die Grundsicherung nach SGB II, dass die meisten Menschen mit Behinderung, die nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sind, empfangen, aber die Maßnahmen für diesen Personenkreis trägt die BA nur anteilig. Nimmt man sich die Maßnahmeform WfbM als Beispiel, so trägt die BA hier in der Regel nur die Maßnahmen im Berufsbildungsbereich. Im Arbeitsbereich werden die Maßnahmen in der Regel vom Sozialhilfeträger bezahlt.

Egal welche dieser drei Möglichkeiten es ist, fest steht, dass bei einer umfassenden Aufgabenkritik der BA jene Aufgaben, die sich auf Menschen mit Behinderung beziehen, nicht interessant zu sein scheinen.

Ein kleiner Nachschlag noch: Lies mehr…

Menschen mit Behinderung - Kampf gegen Armut und soziale Isolation

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Am 19.05. kam auf der Seite der EU-Kommission eine Nachrichtenmeldung mit dem Titel "People with disabilities – fighting poverty and social isolation" heraus, in der eine kurze Bestandsaufnahme der EU zur Situation behinderter Menschen formuliert wird und ein Ausblick auf die Strategie der EU-Kommission auf die behinderten-politische Ausrichtung für die Jahr 2010-2020 gegeben wird. Hierbei geht es vor allem um die Umsetzung der UN-Konvention.

Diese Strategie wird im Rahmen der nächsten Fassung des DAP, des "Disability Action Plan" veröffentlicht werden, von dem auch im Text die Rede ist. Der DAP 2010-2020 wird im Herbst erwartet.

Der Text liegt leider nur auf Englisch vor, daher habe ich mal kurzerhand eine "Quick and dirty"-Übersetzung angefertigt. Falls jemandem sinnverfälschende Fehler auffallen, immer her mit den Korrekturen!

Hier also meine Übersetzung des Textes:

Menschen mit Behinderung - Kampf gegen Armut und soziale Isolation

Menschen mit Behinderungen sind häufiger arbeitslos oder leben von geringen Einkommen als ihre nicht behinderten Entsprechungen. Des weiteren haben sie es schwerer, Zugang zu Waren und Dienstleistungen zu erhalten, die die meisten Menschen für selbstverständlich halten. All dies bedeutet, das für behinderte Menschen ein signifikant hohes Risiko für Armut und soziale Isolation besteht.

Einer der effektivsten Wege, Armut zu entgehen, ist es, Arbeit zu finden und zu behalten. Unglücklicherweise stellt für viele Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben eine Herausforderung dar.

Ein Sechstel der europäischen Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter ist als behindert klassifiziert, aber sie haben Schwierigkeiten bei der Jobsuche. Die Beschäftigungsrate für behinderte Menschen in der EU ist etwa 50% (gegenüber 68% für den Rest der Bevölkerung). Und nur 20 % der Menschen mit schweren Behinderungen haben am Arbeitsleben teil.

Leer ausgehen

Bildung wird auch als der zentrale Ausweg aus Armut angesehen. Aber auch hier stellen Menschen mit Behinderung fest, dass Ihre Chancen schlecht stehen. Sie erreichen nur halb so häufig einen Bildungsabschluss dritten Grades als nicht behinderte EU-Bürger.

Selbst behinderte Menschen mit einem höheren Bildungsabschluss arbeiten seltener in hochqualifizierten Berufen als ihre nicht behinderten Entsprechungen.

Unglücklicherweise ist für Menschen mit Behinderung die Gefahr sozialer Isolation genau so groß wie die Gefahr ökonomischer Marginalisierung. Zum Beispiel hat eine von zwei behinderten Personen noch nie an Freizeit- oder Sportaktivitäten teilgenommen.

Ein Drittel der behinderten Bevölkerung Europas ist noch nie ins Ausland gereist oder hat auch nur einen Tagesausflug unternommen, wegen Problemen, die durch unzugängliches Gelände oder durch erschwerten Zugang zu Diensten und Dienstleistungen verursacht sind.

Selbst das Pflegen sozialer Kontakte ist eine Herausforderung, da behinderte Menschen im Vergleich zu nicht behinderten Menschen seltener ihre Freunde und Familie regelmäßig sehen.

Handeln

Schätzungen zufolge gibt es ca. 65 Millionen behinderte Menschen in der EU. Was sollte also getan werden, um ihnen zu helfen, sich gegen das Zwillingsgespenst von Armut und sozialer Exklusion zu erwehren?

Die EU hat behinderten Menschen mit dem "Disability Action Plan (DAP)" 2004-2010 geholfen, Gleichheit und Inklusion zu erreichen.

Das Ziel war, sicherzustellen, dass behinderte Menschen eine vollständige Rolle in der Gesellschaft zu den selben Bedingungen wie andere spielen können, sowie ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Der DAP wurde daher dafür verwendet, um Beschäftigungs- und Bildungsaussichten von Menschen mit Behinderung zu verbessern und ihren Zugang zu Waren und Dienstleistungen anzukurbeln.

Der Plan hat geholfen sicherzustellen, dass behinderten-politische Themen in die Schlüsselbereiche der EU-Politik integriert - oder gemainstreamt - werden. Die EU-Kommission berät aktuell über die Vorbereitung einer neuen EU behinderten-politischen Strategie für 2010-2020.

Weiter hat die EU die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung unterzeichnet und ist dabei, sie abzuschließen. Dies ist die erste Menschenrechtskonvention, die von der EU unterzeichnet wird. Das Ziel der Konvention ist es, die volle und gleiche Inanspruchnahme aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderung zu fördern, zu schützen und zu sichern, sowie den Respekt für ihre naturwüchsige Würde.

Mehr noch, die europäische Beschäftigungsstrategie der Gemeinschaft ermuntert Mitgliedsstaaten, Initiativen zu entwickeln, die behinderten Menschen helfen werden, in Arbeitsmarkt und Arbeitsplatz Erfolg zu haben.

Europäische Gesetzgebung spielt also eine Rolle bei der Verbesserung der Lebensbedingungen behinderter Menschen.

Die Beschäftigungs-Gleichheits-Direktive verpflichtet Arbeitgeber, angemessene Rahmenbedingungen bereitzustellen, um behinderten Menschen am Arbeitsplatz zu helfen. Dies könnte beinhalten, dass Gebäude mit Rollstuhlrampen ausgestattet werden, oder dass unterstützende Technologie für blinde Menschen bereitgestellt wird.

Dank der neuen EU-Regeln haben behinderte Menschen nun bestimmte Rechte, wenn sie Luftreisen unternehmen. Sie müssen verpflichtend und kostenlos Assistenz und Information am Flughafen und von ihrer Fluggesellschaft. Des Weiteren können Reservierungen können nicht allein aufgrund von Behinderung abgelehnt werden.

Passagiere mit eingeschränkter Mobilität und Behinderungen erhalten auch garantiert Unterstützung wenn sie per Zug reisen. Im Moment wird daran gearbeitet, ähnliche Gesetzgebung für See- und Busreisen zu entwickeln.

Weiter gefasst heißt das, dass Anti-Diskriminierungsgesetze durch die Kommission erlassen wurden, die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt sichern wird. Wenn sie von den Mitgliedsstaaten übernommen werden, werden die neuen Regeln vieles zur Verbesserung des Zugangs zu Waren und Dienstleistungen wie Bankgeschäfte, Bildung, Beförderung und Gesundheit beitragen.

EY2010 wird weiterhin die Aufmerksamkeit auf die Schwierigkeiten lenken, vor denen Menschen mit Behinderung stehen, sowie auf die Hilfen, die unternommen werden um ihnen zu helfen, eine vollwertige Rolle in der Gesellschaft zu spielen.